Was machen Pädakustiker?

Auswachsen mit eingeschränktem Gehör, Teil 5: Pädakustiker*innen
Graffito, Brick Lane in London

Im fünften Teil unserer Blog-Serie über das Aufwachsen mit eingeschränktem Gehör geht es um die Arbeit von Pädakustikern und Pädakustikerinnen.

Pädakustiker*innen

Pädakustiker*innen sind darauf spezialisiert, schwerhörige Kinder mit Hörgeräten und ergänzender Hörtechnik zu versorgen. Sie sind Hörakustiker*innen mit einer zusätzlichen Qualifikation. Man hat theoretischen und praktischen Unterricht und muss eine Prüfung ablegen, um als Hörakustiker*in zugleich Pädakustiker*in zu sein.

Diese Zusatzqualifikation braucht man, weil die Betreuung von schwerhörigen Kindern verglichen mit der von Erwachsenen zusätzliche Herausforderung bereithält: Ein Kinderohr hat ganz andere Größenverhältnisse als ein Erwachsenenohr. Auch das Hören selbst ist anders, weil sich die Hörbahnen – also die Verbindungen zwischen Innenohr und Gehirn – noch entwickeln. Außerdem wachsen Kinderohren ja auch ständig, während erwachsene Ohren eher nicht wachsen usw.

Familie und Netzwerk

Bei dem, was Pädakustiker*innen tun, müssen sie gut zusammenarbeiten: Mit Kinder- und Ohrenärzten, insbesondere mit Pädaudiologen – also mit Ärzten, die auf Hören, Sprechen und Stimmen von Kindern spezialisiert sind. Außerdem arbeiten sie mit Logopäden, mit Kita-Betreuern, Lehrern usw. zusammen. Absolut entscheidend ist natürlich die Zusammenarbeit mit den Eltern.

Graffito, Brick Lane in London

Alle genannten Personen haben Einfluss darauf, ob ein Kind und seine Hörtechnik gut zusammenpassen – ein ganzes Netzwerk. Pädakustiker helfen nicht nur bei der Auswahl der Technik. Sie passen diese Technik an und müssen den Eltern zeigen, wie sie genutzt wird. Eigentlich geht es darum, wie eine Familie mit Hörtechnik lebt – solange, bis das Kind groß ist. Pädakustiker*innen betreuen Kind und Eltern daher oft eine sehr lange Zeit. Und wenn Eltern einen guten Pädakustiker für ihr Kind haben, dann sollten sie zu ihm bzw. ihr immer den Kontakt halten.

Diagnostik bei Kinderohren

Je jünger ein Kind ist, desto schwieriger ist es, sein Gehör zu untersuchen. Es kann eben noch nicht sagen, wie es hört. Bei Babys und Kleinkindern braucht man besondere Technik, um sicher ermitteln zu können, wie gut sie hören. Neben dem Neugeborenenhörscreening soll bei den weiteren Früherkennungsuntersuchungen (also den sogenannten U3 bis U8) auf das Gehör geachtet werden, wobei die Methoden hier eher nicht genau sind. Es gibt keine objektiven Messungen, sondern es wird auf die subjektive Rückmeldung des Kindes geachtet. Und die kann täuschen.

Kinderohren können oft auch zeitweise schlechter hören – etwa durch eine Infektion, die sich mit Medikamenten behandeln lässt. Eltern sollten sich in jedem Fall auf die eigene Wahrnehmung verlassen und im Zweifelsfall zu einem Pädaudiologen bzw. einer Pädaudiologin gehen, die noch einmal genau nachprüfen.

Graffito, Brick Lane in London

Ist das Kind etwas älter, wird seine subjektive Rückmeldung zuverlässiger. Pädaudiologen und Pädakustiker nutzen dann zum Beispiel die Spielaudiometrie. Das Kind hört z. B. über einen Kopfhörer Töne, und für jeden Ton setzt es eine Spielfigur in ein Holzboot, bis das Boot voll ist…

Weil sich das Gehör verändert, sollte man es in Abständen wieder überprüfen lassen. Für schwerhörige Kinder wird empfohlen, diese Überprüfung alle sechs Monate zu wiederholen. Es kommt vor, dass sich das Gehör eines Kindes über Jahre immer weiter verschlechtert und immer stärkere Technik erforderlich ist, damit das Kind noch hören kann. Ich kann mich an mehrere junge Interview-Partner*innen erinnern, die so etwas selbst erlebt haben. Darüber muss ich mal extra bloggen.

Passende Technik für Kinderohren

Dass es wichtig ist, dass Kinder Hörgeräte so früh wie möglich bekommen, wenn sie sie brauchen, hatten wir hier schon erklärt. Und dass Hörgeräte immer nur so gut sind, wie sie für den einzelnen passen, hatten wir hier beschrieben.

Das beste Hörgerät hilft wenig, wenn es nicht richtig eingestellt ist oder nicht richtig zum Ohr passt. Und jeder von uns ist einzigartig – d. h. jedes Ohr ist anders geformt und jedes Gehör hört auch anders… Hinzu kommt, dass es viele verschiedene Situationen gibt, in denen ein Kind hören sollte. Und dass es viele verschiedene Hörgeräte gibt – in Deutschland aktuell ungefähr 1.000.

Graffito, Brick Lane in London

Pädakustiker*innen müssen sich also mit Kinderohren und mit Technik gut auskennen. Noch besser auskennen sollten sie sich mit Kindern. Schließlich sollen die Kinder lernen, ihr Leben mit Technik am Kopf zu leben. Um das zu vermitteln, braucht man Zeit und Geduld und einen wirklich guten Zugang.

Hörtechnik ist eben nicht irgendeine Technik – sondern Teil des ganzen Lebens. Sie ist immer dabei, man muss sie immer einplanen; also auch in der Kita, in der Schule, in der Freizeit. – Da sind wir wieder bei besagtem Netzwerk.

Andererseits: Die Technik gleicht die Schwerhörigkeit aus, aber sie beseitigt diese nicht. Sobald die Technik mal nicht mitspielt, bleibt nur die Schwerhörigkeit – und natürlich der Pädakustiker, der hoffentlich dafür sorgt, dass alles schnell wieder funktioniert.

Graffito, Brick Lane in London

PS: Die Bilder zum Beitrag über Pädakustiker und Pädakustikerinnen zeigen Graffito-Kinder aus der Londoner Brick Lane.


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