Wie am Ende des Beitrags über Männer mit Hörproblem angekündigt, schreibe ich heute von ein paar Männern, die an sich ein Hörproblem feststellten, und das nicht einfach hingenommen haben – so wie in den 8 „Männer-Tipps“ empfohlen.
In meinem Beruf rede ich ja ständig mit unterschiedlichsten Menschen, die in irgendeiner Form nicht gut hören und dann in irgendeiner Form Technik nutzen, um ihr Hörproblem auszugleichen. Männer sind natürlich auch darunter. Einer war zum Beispiel Gerhard. Und ein anderer war Armin. Beide sind sehr verschieden, aber ihre Geschichten sind irgendwie auch ganz ähnlich – Männergeschichten eben.
Laute Fernseher und unverständliche Antworten
Gerhard ist Lehrer. Und er gehört zu den Männern, die das erste Mal zum Hörakustiker kommen, weil ihre Frau das verlangt hat. Die Frau von Gerhard hatte sich nämlich ständig darüber beschwert, dass er den Fernseher so laut stellt.
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Offensichtliche Hörschwierigkeiten hatte Gerhard aber auch in seiner Schule – einer Schule für Erwachsene, die sich auf ihre Meisterprüfung vorbereiten. – „Ich habe dort häufig festgestellt, dass irgendwelche Schüler auf meine Fragen hin eine Antwort gegeben haben und ich musste nachfragen: Können Sie das nochmal wiederholen? Die guckten dann teilweise etwas unwirsch.“
„Wenn die da so selbstverständlich zu steht, macht’s dir auch nichts.“
Dennoch hatte sich Gerhard lange mit seinem Hörproblem arrangiert. – „Da sind Männer ja eisern“, gestand er mir beim Interview. „Die erzählen so etwas natürlich nicht. Die verschweigen das und sagen sich: Das gibt sich wieder. Mal ne richtig gute Tasse Kaffee, drei vier Tage im Wald verbringen, und dann bist zu wieder fit… Hat sich leider Gottes nicht bewahrheitet. Es ist ja ein schleichender Prozess, den man gar nicht abrupt mitkriegt. Das geht immer etwas weiter, wird immer etwas schlechter. Und irgendwann bin ich dann reingeschoben worden beim Akustiker: ‚Hier ist er. Machen Sie mit dem mal!‘“
Damit es so weit kam, brauchte es bei Gerhard neben seiner eigenen sogar noch eine zweite Frau: „Ich hatte eine Klasse, da war eine junge Dame drin, die Hörgeräte trug. Und ich hab sie gefragt: ‚So jung und schon Hörgeräte?‘ Da sagt sie: ‚Ja, ich hab einen Knallschaden.‘ – Die war vielleicht 25 und trug diese Geräte mit einer Selbstverständlichkeit! Ich hab mir dann gesagt: ‚Hey, wenn die da so selbstverständlich zu steht, macht’s dir auch nichts.‘“
Die Kumpels meinten: „Hörst du schlecht?!“
Der zweite Mann, Armin, ist kein Lehrer. Aber auch er bekam ständig gesagt, dass er den Fernseher zu laut hat. Außerdem ist er in einem „Schießverein“. Dort – so Armin – macht er ab und zu auch Thekendienst: „Dort wurden mir dann Bestellungen gemacht. Und dann sagten die: Hörst du schlecht? Hörst du nicht?“ – Und die Kumpels fingen an, über ihn zu reden. Es nervte: „Was sagen die jetzt wieder? Und so. Was weiter weg war, ich hab das dann nicht mehr verstanden.“
Als ich Gerhard und Armin interviewt habe, trugen beide schon längere Zeit Hörgeräte. Gerhard, also der Lehrer, berichtete mir ausführlich, wie er die bekommen hatte: Erst hatte er über Wochen verschiedene Geräte ausprobiert, und dann hatte ihm seine Hörakustikerin die Passenden bei mehreren Terminen noch sehr genau eingestellt.
„Alles Banane!“
Er schien wirklich sehr froh, wie das alles gelaufen war, und meinte: „Seitdem ich die Geräte trage, ist alles Banane! Ich rede wieder normal leise, komme trotzdem gut durch, werde verstanden und kann wirklich vollkommen normal am Leben teilnehmen. Ich hab zwei Verrichtungen, die ich morgens als erstes mache: Kaffee kochen, und dann setze ich die Hörgeräte ein. Und das letzte, was ich abends mache, ist, die Dinger rausnehmen. Also, die Lebensqualität hat sich rasant verbessert. Die Geräte stören mich auch gar nicht. Das ist ganz normal. Wenn ich jetzt ohne Hörgeräte rumlaufen müsste, würde ich sofort das Gefühl haben, irgendwas fehlt dir.“
Armin ist ebenfalls zufrieden mit dem, was er beim Hörakustiker erlebt hat. Über seine Hörgeräte sagt er: „Das passt. Es klappt wunderbar jetzt. Es hat keiner mehr rumgemosert, dass ich was nicht gehört habe. Also, diese Bemerkungen und so, die sind weggefallen. Die Bestellungen krieg ich jetzt besser mit, auch was im Hintergrund passiert. Dann ist da die Box und in der Mitte erzählt einer was. Und auf der anderen Seite erzählt auch noch einer. Und dann schreit einer da was. Und da zehn Bier und einer fünf und der andere Cola und ein Wasser oder was; und das hör ich jetzt alles.“
Außerdem meinte Arnim, dass er sich jetzt auch im Straßenverkehr viel sicherer fühlt, vor allem auf seinem Motorroller, auf dem er die Hörgeräte unterm Helm trägt. – „Also, mir hilft das sehr. Wenn ich die Hörgeräte nicht drin hätte; ich hätte wahrscheinlich öfter mal gehört: ‚Bist du taub?‘ Oder: ‚Geh mal zum Ohrenarzt!‘ Solche blöden Sprüche hätte ich dann weiter gehört. Also, ohne die Geräte ist es Scheiße.“
Und was sagen die anderen Männer?
Eines wollte ich zum Thema Männer mit Hörproblem dann aber doch noch wissen: Wenn im Nachhinein alles so easy war, was ist dann mit den Kumpels, den Kollegen, den Freunden? Was halten andere Männer von einem mit Hörgerät?
„Das kann ich gar nicht sagen“, so Armin „Die meisten haben es erst gar nicht gemerkt. Die haben’s nicht gewusst, wenn ich’s nicht gesagt hätte. Irgendwann haben sie es dann ja auch mal gemerkt und auch gesehen. Und ich hab auch selber gesagt, ich hab Hörgeräte. Da haben sie mal ein bisschen gelacht und Scherze drüber gemacht, wie man das so unter Kumpels macht. Jetzt ist das normal. Es rennen so viele mit Hörgeräten in der Gegend rum. Also, ich hab jetzt nen Blick dafür.“
Und Gerhard meinte: „Ich hatte immer gedacht, dass man irgendwo mal auf die Hörgeräte angesprochen wird. – ‚Ach, du trägst Hörgerät…?‘ – Aber nichts. Gar nichts. Weder negativ noch positiv; ich hab nie eine Äußerung gehört. Es läuft ganz normal. Ich vergleiche es mittlerweile mit einer Brille. Wenn man nicht gut sieht, setzt man eine Brille auf. Da findet kein Mensch mehr was.“
Dafür fiel jetzt Gerhard ein Bekannter auf, weil der sich im Gespräch immer so zu ihm rüber beugte: „Ich sag: ‚Du, die Körperhaltung kenn ich noch. Man glaubt, wenn man ein bisschen näher rückt, könnte man besser verstehen… Ist aber nicht so. Da hilft nur eins – Hörgerät. Geh da mal hin, lass dich beraten! Mach einen Hörtest! Da siehst du doch, ob alles in Ordnung ist. Wenn alles in Ordnung ist, ist es ja gut. Aber wenn nicht, dann lass dir doch helfen!‘“
PS: Die Fotos in diesem Beitrag zeigen lauter Superhelden, sie ich auf Trödelmärkten und sonst wo gesammelt habe. Kann Batman eigentlich auch Ultraschall hören? Ich habe keine Ahnung…