Hören messen? Also nachmessen, was man hört bzw. was man nicht hören kann? Oder messen, wie laut bzw. leise etwas ist? Klar geht das. Und wie schon die Überschrift sagt, hat es etwas mit Dezibel und Hertz zu tun.
Dass man Hören auch messen kann, geht allerdings noch gar nicht so lange – erst seit Ende des 19. Jahrhunderts. Davor war es immer nur eine Sache des Gefühls, ob etwas zu laut war und störte oder nicht.
Straßenmusik und Kirchenglocken
Im 19. Jahrhundert gab es in den Städten noch keine Autos. Dafür gab es dort jede Menge Straßenmusikanten. Und es gab in europäischen Großstädten unzählige Beschwerden über deren Krach. Man erlebte Straßenmusik damals als eine Art akustisches Übel, gegen das man mit Regeln und Verordnungen vorgingen. Ganz anders hingegen erlebte man Kirchenglocken. Die sind zwar viel lauter als Straßenmusikanten. Bis die Maschinen kamen, waren Glocken über viele Jahrhunderte hinweg das lauteste, von Menschen verursachte Geräusch – neben Kriegen. Doch kein Mensch wäre damals auf die Idee gekommen, sich über das Läuten von Glocken zu beschweren.
Doch nun zum Messen des Hörens. Und gleich vorweg: Hören zu messen, ist eine etwas knifflige Angelegenheit.
Schall besteht aus Wellen. Das hatten wir im Beitrag von Schall und Wellen erklärt. Jede Welle hat eine Energie. Die kann man messen. Naheliegend fände ich, dass das, was man da misst, die Lautstärke ist. Das stimmt auch irgendwie, ist jedoch nicht ganz korrekt.
Denn erst mal gibt es noch gar keine Lautstärke, sondern nur die Welle mit ihrer Energie. Lautstärke wird die Welle nur dann, wenn sie in deinem Ohr ankommt. Sie kann dort auch ganz unterschiedlich wahrgenommen werden. Wie, das hängt von dir und vom Geräusch ab. Ein und dasselbe Geräusch kann für den einen toll und für den anderen grauenvoll sein. Es gibt laute Geräusche, die toll sind, leise Geräusche, die extrem nerven usw.
Also die Welle an sich ist keine Lautstärke. Jede Welle ist ein Druck, der erst zu und dann wieder abnimmt. Die Druck-Welle wirkt auf die Luft oder auch auf anderes Material. Sie breitet sich darin aus. (Im Beitrag von Schall und Wellen wird erklärt, dass das mit dem Schwingen kleiner Teilchen zu tun hat.)
Abgesehen davon hat die Luft um dich rum sowieso schon einen Druck. Das merkst du aber höchstens, wenn du auf einem Berg oder im Flugzeug sitzt. Zu diesem einen Druck kommt nun der andere Druck der ankommenden Welle noch dazu.
Bel, Dezibel, Bell
Dieser Druck der Schall-Welle ist groß oder klein. Man könnte ein Wort zum Beispiel schreien oder flüstern. Dem entsprechend groß oder klein ist der Druckpegel, mit dem das Wort am Ohr des anderen ankommt. Gemessen wird dieser Schalldruckpegel in Bel bzw. in Zehnteln von Bel, nämlich in Dezibel (dB).
Die Einheit Bel heißt nach Alexander Graham Bell, hat jedoch nur ein l. Bell ist vor allem bekannt, weil er das Telefon erfunden bzw. nicht erfunden, sondern eher weiterentwickelt und erfolgreich vermarktet hat. Abgesehen davon war er auch für die Hörtechnik sehr wichtig. Er hat u. a. einen Hörapparat für seine schwerhörige Mutter entwickelt. Und er steht damit in einer ganzen Reihe von Erfindern und Tüftlern, die Hörtechnik entwickelt haben, um ihren nahen Angehörigen zu helfen.
Aber zurück zum Schalldruckpegel, der in Dezibel angegeben wird: Die Welle kommt ins Ohr und trifft mehr oder weniger stark auf das Trommelfell. Die Angabe für diesen Druckpegel funktioniert jedoch nicht so, wie man das üblicher Weise von Metern, Litern, Kilogramm oder auch Euro kennt.
Verstehst du Schalldruckpegel?
Ein Meter und noch ein Meter sind zwei Meter. Zwei Meter sind doppelt so lang wie einer. Und 20 Euro sind doppelt so viel wie zehn… Aber die Angabe für Dezibel folgt nicht dem gewohnten 1, 2, 3 sondern einem Logarithmus. Und das macht es eben so knifflig. Denn für einen Logarithmus gelten ziemlich ungewöhnliche Rechenregeln. Hier nur ein paar Beispiele:
- Erhöht man einen Schalldruckpegel um zehn Dezibel, nimmt man das als doppelt so große Lautstärke wahr. Normale Sprache hat zum Beispiel ungefähr 60 Dezibel, ein Staubsauger hingegen 70 Dezibel. D. h. den Staubsauger hört man nicht etwa nur 1/6 lauter als die Sprache, sondern doppelt so laut. Und ein weit entferntes Blätterrascheln von 10 Dezibel ist nicht etwa 1/6 so laut wie die Sprache, sondern noch viel, leiser. Und ein Düsenflugzeug ist mit 140 Dezibel nicht doppelt so laut wie der Staubsauger, sondern noch viel, viel lauter.
- Wenn du von einer Geräuschquelle gleich drei oder vier hast, also zum Beispiel statt eines Staubsaugers gleich drei oder vier Staubsauger, dann hast du noch längst nicht das Gefühl, dass die drei- oder viermal so laut sind wie der eine Staubsauger. Du brauchst nämlich zehn Staubsauger, damit der Eindruck entsteht, dass es doppelt so laut ist wie mit einem Staubsauger. (Das gilt natürlich auch für raschelnde Blätter, Düsenflugzeuge usw.)
- Zwei gleich laute Geräuschquellen – also zum Beispiel zwei Staubsauger – machen drei Dezibel mehr Geräusch als eine. Vier gleich laute Geräuschquellen machen sechs Dezibel mehr als eine…
Ist dir das soweit klar? – Ich muss gestehen, dass es mir nur relativ klar ist. Zumindest komme ich gerade an gewisse Denkgrenzen. Wenn es dir anders geht, Respekt! Ich bin mir zwar sicher, dass ich Logarithmen mal in der Schule gelernt habe. Aber ich kann es meinem Hirn nicht mal übel nehmen, dass es sie offensichtlich erfolgreich verdrängt hat…
Der Sinn solcher Logarithmen ist, eine sehr, sehr große Bandbreite möglicher Werte immer noch überschaubar darstellen zu können. Man nutzt so was in verschiedenen Bereichen, zum Beispiel auch, wenn man die Stärke von Erdbeben auf der nach oben offenen Richter-Skala angibt.
Also ich finde, das war jetzt für diesen Beitrag genug kompliziertes Zeug. Und das mit Hertz und mit den Höhen und den Tiefen folgt dann einfach in einem zweiten Teil. (Gemessen am Schalldruckpegel ist Hertz übrigens ein Klacks…)
PS: Die Fotos zeigen Bilder von schönen alten Dingen, mit denen man etwas messen kann – aber natürlich nicht Hören messen kann.